von Dr. Thomas Dittus, Tierärztliche Klinik Stadtsteinach
Nachdem es in den letzten Jahren immer wieder zu recht kontroversen Diskussionen über Sinn und Unsinn von Impfungen für Menschen und Haustiere gekommen ist, manche Menschen sich zu regelrechten Impfgegnern entwickelt haben, hat der Bundesverband der praktizierenden Tierärzte zusammen mit der Deutschen veterinärmedizinischen Gesellschaft Impfempfehlungen herausgegeben. Diese richten sich nach den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und werden von einer sehr breiten Mehrheit der Tierärzte getragen.
Als erstes möchte ich die Krankheiten, gegen die ein Jagdhund geimpft werden kann, kurz vorstellen:
1. Tollwut
Tollwut ist eine bis heute nicht therapierbare Zoonose, d. h. eine Erkrankung, die sowohl Mensch als auch ‘Tier befallen kann. Jährlich infizieren sich in Europa ca. 200 Menschen am Tollwutvirus und es sterben weltweit ca. 25 000 bis 35 000 Menschen an Tollwut, vornehmlich in Indien und Afrika. Die Übertragung der Tollwut geschieht meist durch Bisse infizierter Tiere.
2. HCC (ansteckende Leberentzündung der Hunde)
Die HCC ist eine Erkrankung, die nur den Hund befällt, mit Durchfall und Erbrechen einhergeht und zum Tode führen kann. Dank konsequenter Impfung ist die HCC in Deutschland praktisch nicht mehr anzutreffen.
3. Staupe
Staupe ist eine Virusinfektion, die außer Hunden auch Füchse, Marder, Frettchen, Robben u. a. befallen kann. In Regionen, in denen viel geimpft wird (Städte), gibt es praktisch keine Staupe mehr, in ländlichen Regionen und im Ausland ist Staupe noch häufig anzutreffen. Durch unsere Nähe zu Tschechien und weil viele Menschen aus dem Urlaub Hunde mit Infektionen und ohne Impfungen importieren, nimmt Staupe auch bei uns wieder zu. Staupe kann neben Durchfall und Erbrechen auch als Hauterkrankung auftreten du zum Tode führen.
4. Leptospirose (Stuttgarter Hundeseuche, Weil´sche Krankheit)
Leptospirose ist eine heute noch bei Menschen und verschiedenen Tierarten anzutreffende Krankheit. Erregerreservoir sind infizierte Nager (Mäuse, Ratten), Menschen können sich am Urin infizierter Haustiere anstecken. Leber- und Nierenfunktionsstörungen stehen im Vordergrund. auch Leptospirose kann tödlich sein, eine Behandlung mit Antibiotika ist möglich. Wichtig zu wissen ist, dass es heute andere Staupe-Erreger gibt aus vor einigen Jahren. Die Impfstoffhersteller haben reagiert und es gibt wirksame Impfstämme. Achten Sie darauf, dass der Leptospirose-Impfstoff eine Komponente gegen „Leptospira bratislava“ enthält. Dieser Typ ist insbesondere in Bayern anzutreffen.
5. Parvovirose
Parvovirose ist eine Virusinfektion, die vor allem Jungtiere befällt und bei diesen schwere Durchfälle, aber auch Herzmuskelentzündungen hervorruft. Ein Gramm Kot eines infizierten Hundes kann eine Million andere Hunde anstecken. Die Krankheit ist durch Impfung gut in Schach zu halten.
6. Zwingerhusten (Parainfluenza)
Zwingerhusten ist eine akut bis chronisch verlaufende Atemwegserkrankung, deren Erreger überall anzutreffen sind, besonders dort, wo sich viele Hunde aufhalten (Ausstellung, Tierheime etc.)
7. Borreliose
Borreliose wird von Zecken übertragen. Es gibt verschiedene Borrelienstämme, die Erkrankung führt bei Hunden meist zu Gelenksentzündungen, aber auch zentralnervöse Störungen sind möglich. Borreliose ist weit verbreitet. Die Impfung schütz nicht gegen alle Stämme, eine Behandlung der Borreliose ist möglich.
8. Herpesvirusinfektion
Das Hundeherpesvirus gefährdet vor allem trächtige Hündinnen. Es kann zum Absterben der Welpen oder zu lebensschwachen Welpen führen. Eine Impfung der trächtigen Hündin ist möglich.
Impfempfehlung:
1. Core-Komponenten (Impfungen, die unbedingt anzuraten sind)
Grundimmunisierung:
8 Wochen: Staupe, HCC, Parvovirose, Leptospirose
12 Wochen: Staupe, HCC, Parvovirose, Leptospirose, Tollwut
16 Wochen: Staupe, (HCC), Parvovirose, Tollwut
16 Monate: Staupe, HCC, Parvovirose, Leptospirose, Tollwut
Wiederholungsimpfung:
jährlich Leptospirose
alle zwei bis drei Jahre Staupe, HCC, Parvovirose, Tollwut
2. Non-core-Komponenten (Impfungen, die nicht unbedingt notwendig sind)
Zwingerhusten
Für Hunde mit erhöhter Infektionsgefahr (Tierheime, Welpengruppen, Hundeplatz, Ausstellung)
Impfung mit der Grundimmunisierung im Welpenalter, danach jährliche Auffrischung.
Borelliose
Für Hunde, die einem erhöhten Zeckenrisiko ausgesetzt sind, Impfung mit der Grundimmunisierung mit 12 und 16 Wochen, danach jährliche Auffrischung.
Herpesvirusinfektion
Für Zuchthündinnen, erste Impfung etwa zum Zeitpunkt des Bedeckens, Nachimpfung nach drei bis vier Wochen. Bei jeder Trächtigkeit wieder nach diesem Schema impfen.
Kommentar:
Ob es sinnvoll ist, gerade Jagdhunde, die ein erhöhtes Tollwutrisiko tragen, weniger als jährlich zu impfen, ist äußerst fraglich. Der verlängerte Impfschutz ist laut Hersteller auch nur gewährleistet, wenn der Welpe wie oben beschrieben grundimmunisiert ist, d. h. im ersten Jahr zweimal (12. und 16. Wochen) gegen Tollwut geimpft ist. Ferner ist zu beachten, dass eine jährliche Impfung gegen Tollwut auch bei Reisen in verschiedene Länder, z. B. Schweiz, Vereinigtes Königreich u. a. vorgeschrieben ist.
Meine persönliche Empfehlung:
Da die Kosten einer einfachen Leptospirose/Zwingerhusten-Impfung sich nicht eklatant von einer Kombination mit Tollwut unterscheiden, würde ich jährlich Leptospirose, Zwingerhusten und Tollwut und alle drei Jahre zusätzlich gegen Staupe, HCC und Parvovirose impfen.